:: 27.10.2022 bis 30.10.2022 – Thessaloniki, Griechenland ::
Da bin ich also zurück auf Reisen. 2 Schnarcher im 8er Schlafsaal erinnern mich diese Nacht regelmäßig daran. Naja, könnte schlimmer sein. Ich kann trotzdem recht gut schlafen und liege fast bis Mittag im Bett.
Irgendwann stehe ich natürlich trotzdem auf und mache mich an die Erkundung von Thessaloniki.
Mein erster Stop ist gleich 2 Ecken weiter beim „Yes! Store“. Gleich mal den Kaffee hier probieren, ob der was taugt. Ja, tut er, wenn auch nur so Mittelklasse. Aber hab schon schlechteren Kaffee getrunken. Gut zu wissen, dass der griechische „7-Eleven“ im Notfall funktioniert wird.
Dann geht’s direkt ins Zentrum eine Art Boulevard entlang runter zur Promenade. Thessaloniki liegt an einer großen geschützten Bucht. Man hat also zwar das Meer direkt vor der Tür, aber kaum Wellen. Einen Hafen gibt es hier auch und der scheint mir gar nicht mal so klein zu sein.
Auf dem Boulevard gibt es viele Cafés und Bistros. Eines davon fällt mir direkt ins Auge, weil es aus der Masse heraussticht und nen Touch von Öko und Organic hat. Ist es auch zum großen Teil, so gibt es hier z.b. null Plastik. Selbst der Kaffeebecher To Go ist komplett aus Pappe. Funktioniert also doch.
Ich möchte ein Ei-Sandwich bestellen, aber es git kein Ei. Nun gut, nehme ich die Empfehlung des Hauses. Sandwich mit Feta (cremig) und Grillgemüse. Dazu einen frischgepressten Orangensaft.
Leider macht sie Eis rein. Oh je.
Aber sie sprüht vor Enthusiasmus, das muss man ihr lassen. Sehr gut. Ich bin versöhnt.
Das Sandwich schmeckt gut. Ich werde hierher noch öfters zum kleinen Frühstück (es wird aus unerklärlichen Gründen nie ein Ei-Sandwich geben, obwohl es auf der Karte steht) zurückkehren und auch den Kaffee probieren. Der ist aber auch nur grad so okay. Nach dem 2. Mal trinke ich Kaffee lieber im Starbucks.
Ich finde auch bis zum Schluss in Thessaloniki keinen richtig guten Kaffee. Ein Downer!
Dafür entdecke ich auf meinem ersten Rundgang bereits ziemlich viele kleine Bistros, die leckeres Street Food abseits der fleischhaltigen griechischen Küche anbieten. Viel Pizza und Pasta, die total lecker schmeckt und günstig ist. Selbst Vollkornnudeln finde ich. Sehr gut!
Auch gibt es gleich mehrere Juice/Smoothie-Läden hier mit richtig großer Auswahl. Mein Lieblingsladen wird das „Greek Natural“, wo ich eigentlich jeden Tag einen Green Juice (Sellerie, Spinat, eine andere grüne Zutat, die ich vergessen habe und grüner Apfel) und auch mindestens 2 Mal Salat essen werde. Yummie!
Und was mir auffällt, Thessaloniki ist günstiger als Athen. Vielleicht keine so große Überraschung, aber trotzdem sehr angenehm. Zum Beispiel kostet mich richtig leckere Veggie-Pasta mit Vollkornnudeln nur 4 EUR für eine ordentliche Portion.
Was ich sagen möchte, In Thessaloniki gibt es genug Auswahl und niemand wird verhungern. 🙂
Als ich die Promenade hinunterlaufe fällt mir auf, dass es hier doch recht viele Touristen bzw. Urlauber hat, aber das es eher Einheimische sind. Allein dieser Fakt macht die Menschenmassen nicht ganz so unangenehm, wie es sonst der Fall wäre. Ja ja, Psychologie und so. Ich weiß.
Ich verweile eine ganze Zeit am „Weißen Turm“, der eigentlich gar nicht weiß ist, aber egal. Hier kann man schön sitzen und Menschen beobachten, denn es scheint neben dem Boulevard und der Promenade einer der zentralen Punkte der Stadt zu sein.
Während meiner Zeit in Thessaloniki wird mich mein täglicher Spaziergang eigentlich immer über diese 3 markanten Punkte führen, Boulevard, Promenade und der weiße Turm. Ich halte mich mehrheitlich im Zentrum auf.
Nach Einbruch der Dunkelheit kehre ich ins Hostel zurück. Ein neuer Mitbewohner stellt sich als Marius aus Zypern vor. Marius aus Zypern wird sich als die nervigste Person herausstellen, die ich bisher auf meiner Reise ertragen mußte und außerdem wird er mir eine ordentliche Erkältung einbrocken.
Ja, denn Marius aus Zypern ist krank. Aber so richtig. Ihm ist immer kalt und er muss ständig husten.
Natürlich ist es da die perfekte Wahl, in einen 8er Schlafsaal zu gehen. Nimmt man ja nur billigend das Risiko in Kauf, 7 andere Menschen anzustecken. Und heutzutage weiß man nicht, ob es eine Erkältung ist oder Corona. Beides doof, aber letzteres kann dir unter Umständen richtig die Pläne verhageln, wenn es dich erwischt. Ich sag nur geplanter Flug und so.
Marius aus Zypern trägt natürlich (wenigstens aus Anstand könnte man ja) auch keine Maske. Wenn schon das volle Risiko bitte. Argh!
Auf meine Frage, ob er krank ist, kommt als Antwort: Es ist kein Corona! Ich frage, wann er sich getestet hat? Er tut so, als ob er mich nicht versteht. Alles klar Marius aus Zypern.
In der Nacht wache ich auf und wundere mich, irgendwas ist seltsam. Die Schnarcher schnarchen. Das ist es nicht.
Ich stehe auf und wandere im Dunkeln umher. Dann trifft mich plötzlich ein warmer Lufthauch. Oh kuschelig. Marius aus Zypern hat die Klimaanlage einfach mal auf 30 Grad (!) eingestellt und alle Fenster geschlossen, damit es ihm nicht kalt ist.
Warum auch nicht? Das er die perfekte „wir infizieren jetzt ALLE“ Umgebung für seine Bakterien im Raum schafft, ist ihm egal. Was für ein Vollhonk.
Mal davon ab, dass niemand bei 30 Grad und ohne Sauerstoff vernünftig schlafen kann. Und es ist natürlich auch völlig ungesund auf Dauer.
Ich mache die Klimaanlage aus und öffne das Fenster neben mir. Draussen sind angenehme 15 Grad. Und vor allem, es hat Sauerstoff. Endlich kann man wieder etwas atmen.
Am nächsten Tag muss ich mich dem Problem stellen und mit Marius aus Zypern reden. Ich versuche ihm zu erklären, dass es so nicht funktioniert und was sein Verhalten für den Rest der Leute im Zimmer bedeutet.
Ich führe meiner Meinung nach eine gute Argumentation und bringe echte Fakten vor, von Marius aus Zypern kommt außer „ich bin krank und mir ist kalt“ (Mein Gehirn schreit dann immer: Dann geh doch für die Tage in ein eigenes Zimmer, du Vollhonk!) nicht viel. Aber er ist zumindest nicht komplett contra, sondern stimmt mir am Ende sogar teilweise zu.
Ich bestehe auf regelmäßiges Lüften und das die Klimaanlage bei Tagestemperaturen von ca. 25 Grad und Nachttemperaturen von 15 Grad aus bleibt.
An das Lüften hält er sich zum Großteil, die Klimaanlage (aka Heizung) muss ich aber die Tage noch ein paar mal ausstellen.
Die Tage verbringe ich abwechselnd im Starbucks oder „Join“ zum Arbeiten oder mit Erkundungen der näheren Umgebung. So gehe ich einen Tag auch hoch zur Burg, die auf einer Anhöhe über der Stadt thront. Ist schön hier, aber man schaut auf die Stadt runter immer direkt Richtung Sonne und für schöne Fotos ist das der Horror. Also genieße ich den Ausblick einfach nur und lasse das mit den Fotos.
Wobei, unterwegs mache ich natürlich welche.
Aber eigentlich beschäftigt mich die Tage in Thessaloniki vielmehr, dass ich doch tatsächlich krank werde.
Ob das jetzt das direkte Ergebnis der Ignoranz von Marius aus Zypern ist, eine Folge anderer Dinge, z.b. Flugzeug mit Klimaanlage, oder eine Mischung aus allem, ist mir an der Stelle fast schon egal. Es fängt mit Halsschmerzen an und es folgen dann die obligatorischen Kopfschmerzen, später dann der Husten und Schnupfen.
Ich halte mich ab dem Zeitpunkt von Menschen fern, unternehme wenig und schlafe viel.
Vorausgesetzt Marius aus Zypern lässt mich schlafen. Denn durch meine geschwächte Verfassung schlafe ich schlecht und werde bei jeder Kleinigkeit wach. Dadurch merke ich, dass Marius aus Zypern ungelogen jede Nacht 6-8 aus dem Zimmer geht und irgendwann wieder zurückkehrt.
Wahrscheinlich denkt man, lass ihn doch. Aber ich werde jedes Mal wach, wenn die Tür (ist so eine Automatik mit Kartenleser, wie im Hotel und 6-8 Mal rausgehen heißt 12-16 Mal Krach in der Nacht zu allen anderen Störungen zusätzlich) schließt. Es ist der Horror. Warum bleibt er nicht draußen? Was macht er da?
In einer der Nächte gehe ich ihn an. Immer noch recht höflich, aber bestimmt. Ich bin richtig sauer.
Als ich Marius aus Zypern am Vormittag darauf im öffentlichen Bereich des Hostel treffe, stelle ich ihn zur Rede. Er sagt mir nicht, warum er das tut (würde mich wirklich interessieren) und ich solle mich doch bei der Rezeption beschweren. Soweit sind wir schon? Werde ich aber nicht tun.
Er stammelt mal kurz etwas von „leid tun“, aber man sieht sofort, dass es nicht ernst gemeint und nur eine Floskel ist. Ich sage ihm ins Gesicht, dass ich ihm nicht glaube und er mir nicht die Wahrheit erzählt. Außerdem sage ich ihm, dass ich sein Verhalten als „disrespectful“ empfinde.
Man sieht förmlich in seinen Augen, wie diese Worte gesessen haben. Ah ja, habe ich also doch einen Trigger gefunden?
Ich weiß nicht, ob er es als persönliche Beleidigung empfindet, sein Ego angekratzt wurde oder er jetzt doch so etwas wie eine Erkenntnis hat, aber auf jeden Fall wird sich zeigen, dass er ab dem Moment deutlicher weniger penetrant agiert und auch die kommende Nacht wird die ruhigste Nacht seit langen werden. Geht doch!
Marius aus Zypern, du wirst mir (leider) noch lange im Gedächtnis bleiben. Typen gibt es. Oh je.
Das klingt jetzt alles sehr negativ und ja, es frustet schon und irgendwie muss der Frust dann auch mal raus. Außerdem, wer ist schon gerne krank? Aber deswegen renne ich nicht die ganzen Tage mit einer miesen Laune rum. Machen wir das Beste draus.
An einem der Tage, und zwar ist es genau der 28. Oktober, feiern die Griechen einen Nationalfeiertag. Den sogenannten Ochi-Tag. Irgendwie haben die Mussolini-Nazis da Stress gemacht und die Griechen haben sich erfolgreich gewehrt. Das war gleichzeitig die erste Niederlage der Achsenmächte im 2. Weltkrieg, also kein kleines Ding. Das die Deutschen dann später Griechenland trotzdem überrannten und besetzten, ist eine andere Geschichte.
Auf jeden Fall wird der Tag hier mit ner Menge Trubel begangen und es gibt einen Haufen Militärfahrzeuge in den Straßen als eine Art Parade. Naja wer’s mag. Auch donnern ständig Flugzeuge im Tieflug über die Stadt. Beeindruckend ist dann eine große Anzahl an Hubschraubern, die in einer Art Kolonne über die Stadt fliegen.
Ich brauch so etwas nicht unbedingt, aber war zumindest mal interessant es erlebt zu haben.
An einem Montag checke ich aus dem Hostel aus. Mir geht es etwas besser, aber so richtig gesund bin ich definitiv nicht. Und heute geht es mit dem Nachtbus nach Istanbul. 10 Stunden lang. Na das kann was werden.
Ich lasse meinen großen Rucksack vorerst im Hostel und drehe eine letzte Runde über den Boulevard, dann die Promenade runter zum weißen Turm. Ein paar Stunden vorm Laptop im Starbucks und dann noch ein kurzer Abstecher zum Lieblings-Smoothie-Laden. Ein letztes Mal, leider.
Auf dem Rückweg zum Hostel schnappe ich mir an einer Bäckerei 2 Brötchen mit Oliven als Verpflegung für später. Eine Packung Kekse hatte ich die Tage schon gebunkert. Das sollte reichen, denn ich esse mich jetzt noch mit leckerer Veggie-Pasta voll.
Zurück im Hostel schultere ich den großen Rucksack und dann geht es ab zum Bahnhof, wo auch der Bus abfährt. Ich hatte vorab geprüft, ob ich auch mit dem Zug fahren kann, aber lt. der Auskunft dort gibt es keinen Zug von Thessaloniki nach Istanbul und auch keinen nach Sofia. Denn von Sofia soll es einen Nachtzug nach Istanbul geben.
Das es keinen Zug nach Sofia gibt, finde ich seltsam, aber muss ich wohl erstmal so hinnehmen. Also wird es leider der Bus, auch wenn ich den Zug jedes Mal vorziehen würde.
Egal wie, morgen werde ich in Istanbul sein. Ein neues Land, ein neues Abenteuer.
CU Ingo.