:: 12.10.2023 – DMZ, Südkorea ::
Nach einem eingeschobenen Arbeitstag am Laptop bin ich heute endlich auf dem Weg in die DMZ. Wie ich dorthin komme? Keine Ahnung! In meinem Hostel habe ich nur die Information ergattern können, dass ich zum Korean Peninsula Ecological Peace Tourism Information Center gehen muss, um von dort aus in die DMZ zu kommen.
Alleine kann man nicht in die DMZ, weil es militärisches Sperrgebiet ist. Natürlich hätte ich es mir einfach machen können und in Seoul eine Tour buchen können. Aber die waren in meinen Augen ziemlich teuer (nichts unter 50 EUR) und mit zu viel „Entertainment“ drumherum.
Das wollte ich nicht. Ich möchte nur in die DMZ und von dort vom Dora Observatory nach Nordkorea hinüber schauen. Alles andere interessiert mich nicht wirklich.
Früher konnte man mit dem DMZ-Zug bis Dorasan Station direkt in die DMZ fahren. Inklusive Passkontrolle und so weiter. Von dort konnte man zum Dora Observatory laufen. Aber ich hatte ja schon im letzten Beitrag erwähnt, dass der Betreiber Korail diesen Zug seit 2019 wegen Bauarbeiten nicht mehr anbietet. Argh!
Also stürze ich mich ins Abenteuer und fahre einfach mal Richtung DMZ und schaue, wie weit ich komme. Ehrlich? Ein Scheitern habe ich einkalkuliert. Komisch auch, dass es im ganzen Internet keine aktuellen Infos zu geben scheint, wie man ohne (große) Tour in die DMZ kommt.
Odyssee auf dem Weg zur DMZ
Ich mache mich früh auf den Weg, denn wer weiß, wie lange das alles dauern wird. Auf dem Weg zur Metro kaufe ich in einem kleinen Laden noch ein paar Cracker und einen Coffee to go.
Zuerst fahre ich mit der Metro zur Paju Station in Paju. Ich weiß nicht, ob das noch zu Seoul gehört oder schon eine eigene Stadt ist.
Eigentlich wäre ich gerne noch weiter bis zur Imjingang Station gefahren, denn von dort aus hätte ich zu Fuß zum Korean Peninsula Ecological Peace Tourism Information Center (was’n Name) gehen können, aber das wäre ja auch zu einfach gewesen.
Die Metro fährt wegen der erwähnten Bauarbeiten nur bis Paju. Dort muss ich aussteigen und mit dem Bus, einer Art Schienenersatzverkehr, nach Imjingang weiterfahren.
Klingt einfach, ist aber ziemlich kompliziert, denn die Buslinie, die mir Google anzeigt, gibt es an der Haltestelle gar nicht. Oder doch, irgendwie schon, aber mit völlig verwirrenden Abfahrtszeiten und nur jede Stunde oder so. Das ergibt alles keinen Sinn.
Gut, dann warte ich eben. Dafür bin ich ja extra früh los. 😉
Der Bus, der mir in Google angezeigt wird, kommt pünktlich, aber als ich beim Einstieg meine Karte an das Lesegerät halten will, versucht mir der Busfahrer wild gestikulierend zu erklären, dass dieser Bus nicht nach Imjingang fährt.
Oh okay, also steige ich wieder aus und warte weiter.
Dabei fällt mir auf, dass neben einigen Südkoreanern auch zwei Kolumbianerinnen an der Bushaltestelle warten. Sie fallen, wie ich mit meinem türkisgrünen T-Shirt, durch ihre leuchtend gelben kolumbianischen Trikots auf. Die Südkoreaner kleiden sich generell eher unauffällig in Weiß, Grau und generell eher dunklen Tönen.
Während ich noch darüber nachdenke, sie anzusprechen und zu fragen, wohin sie wollen – ich weiß, dass sie in die DMZ wollen, weil es hier für Nicht-Südkoreaner nirgendwo anders hingeht – kommt die jüngere Frau auf mich zu und fragt, wohin ich denn wolle.
So kommen wir ins Gespräch und ich erfahre, dass sie erst 15 Jahre alt ist, mit ihrer Mama in Südkorea Urlaub macht und sie, wer ahnt es schon, in die DMZ wollen. Sie haben aber eine andere Route geplant und warten deshalb auf einen anderen Bus.
Ich schaue mir ihre geplante Route an und bin mir ziemlich sicher, dass sie von hier aus nicht alleine dorthin kommen werden, und da sie nicht wissen, ob es dort, wo sie hinwollen, einen lokalen Touranbieter gibt, beschließen sie spontan, mit mir zum Korean Peninsula Ecological Peace Tourism Information Center zu fahren.
Also warten wir ab jetzt zusammen und sehen viele Busse kommen und gehen und immer wenn unsere Nummer kommt, versuchen wir einzusteigen. Immer mit dem Ergebnis, dass der Busfahrer sagt, nicht dieser Bus, sondern der nächste.
In der Zwischenzeit holen meine neuen Freunde etwas zu trinken, damit wir nicht verdursten. Es ist ziemlich heiß heute.
Wir sind sehr verwirrt und nach ca. 2 Stunden kommen uns echte Zweifel, ob wir hier falsch sind und es uns nur niemand sagt oder ob wir von den Busfahrern veralbert werden.
Zum Glück kommt genau in diesem Moment ein Südkoreaner, der das gleiche Problem beim Einsteigen hat wie wir und auch wieder rausgeschickt wird.
Wir sprechen ihn an und fragen, ob er mehr weiß als wir, denn schließlich versteht er die Busfahrer und muss nicht nur mit Gesten versuchen zu verstehen, was gemeint ist.
Er sagt uns, dass nur wenige Sonderbusse nach Imjingang fahren und wir weiter warten müssen. Er findet auch heraus, dass es nicht die Nummer ist, die bei Google angezeigt wird, sondern eine andere, und dass der Plan, der an der Bushaltestelle hängt, vorne und hinten nicht stimmt.
Wir warten weitere 30 Minuten und 2 Busse später kommt endlich der Bus, der wirklich nach Imjingang fährt. Halleluja!
Endlich können wir einsteigen und dann geht es ein gutes Stück durch die ländliche Gegend hier außerhalb von Seoul in Richtung DMZ. Auch mal interessant zu sehen, aber die Zeit schreitet immer weiter voran und ich habe mittlerweile Bedenken, dass wir es so spät nicht mehr in die DMZ schaffen. Schließlich ist es schon fast 14:00 Uhr.
Es ist ziemlich genau 14:00 Uhr, als wir endlich mit dem Bus an der Imjingang Station ankommen. Gleich neben der Haltestelle sehen wir das erste Denkmal für die Gefallenen des Koreakrieges.
Wir schauen uns das direkt an, aber nur kurz, und gehen dann schnell weiter zum Korean Peninsula Ecological Peace Tourism Information Center.
Endlich in der DMZ
Als wir dort ankommen, fragen wir direkt nach einer Tour zum Dora Observatory. Der nette Mann hinter dem Schalter ist sofort sehr aufgeregt, da die letzte Tour anscheinend um 14:30 Uhr beginnt (es ist bereits 14:15 Uhr) und er nicht weiß, ob noch Plätze frei sind.
Er schickt sofort seine Mitarbeiterin los, um nachzufragen. Kurze Zeit später kommt sie mit guten Nachrichten zurück. Es sind noch Plätze frei. Das ist ein Glück, denn meistens ist alles ausgebucht oder man muss länger auf eine freie Tour warten. Wir müssen aber gar nicht warten, sondern können sofort losfahren.
Nun, ich sage immer, wenn Engel reisen, dann ist manchmal auch Glück dabei. 😉
Wir zahlen nur 10.000 WON (~7,05 EUR) pro Person. Metro und Bus sind auch nicht teuer. Ein Schnäppchen im Vergleich zu den Touren, die man in Seoul buchen kann.
Dann müssen wir noch schnell ein Formular ausfüllen, in dem steht, dass in der DMZ alles passieren kann und wir dort keine Rechte haben. Na ja, hoffentlich werden die Nordkoreaner nicht gerade jetzt eine Invasion starten, oder?
Also wird schnell alles ausgefüllt, alle rennen nochmal auf die Toilette und dann sitzen wir pünktlich um 14.30 Uhr im Bus, der natürlich erst mit ca. 10 Minuten Verspätung abfährt. Ein Klassiker, wer kennt das nicht.
Aber wir sitzen im Bus und sind auf dem Weg in die DMZ. Fast hätte ich nicht mehr daran geglaubt, aber es klappt und alles wird gut.
Die erste Station ist einer der großen unterirdischen Tunnel, die die Nordkoreaner einmal gebaut haben, um sich heimlich auf eine Invasion vorzubereiten. Sie wollten tatsächlich so viele und so lange Tunnel bauen, dass sie plötzlich eine ganze Armee hinter der Grenze und teilweise fast schon in Seoul auftauchen lassen könnten, um die Südkoreaner zu überraschen.
Eine verrückte Idee, aber sie versuchten es so lange, bis die Tunnel entdeckt wurden. Es wird vermutet, dass es noch mehr als die bisher entdeckten gibt, und deshalb suchen die Südkoreaner weiter.
Man kann hinabsteigen und bis zu der gemauerten Wand gehen. Da ich vorher im Internet gelesen habe, dass man zwar durch ein Fenster durch die erste Mauer schauen kann, aber nicht die nordkoreanische Seite sieht, sondern nur eine von 4-5 weiteren Mauern, die die Südkoreaner dort errichtet haben, um eine Invasion zu verhindern, lasse ich es nach ein paar hundert Metern in der Tiefe sein und schaue mir lieber das Museum und die Dinge rund um den Parkplatz an.
Das ist ja ganz interessant, aber ich will zum Dora Observatory.
Und das ist es, wohin wir als nächstes fahren werden. Dort angekommen, müssen wir wieder ein Stück laufen.
Aber dann kann man endlich die Grenze sehen und nach Nordkorea schauen. Die aufgestellten Ferngläser sind wirklich gut und man kann viel erkennen. Dörfer, die riesige nordkoreanische Flagge, sogar Menschen auf den Feldern und 1 Radfahrer auf einem Feldweg kann ich sehen.
Ich weiß nicht, ob man die Faszination verstehen kann, aber es ist wie ein Blick in eine vergangene oder verbotene Zeit. Ein sehr seltsames Gefühl, und ich spüre sogar, dass mein Magen diesmal mit meinem Kopf einer Meinung ist.
Es ist schon ein sehr seltsames Gefühl, hier zu stehen und nach Nordkorea zu schauen!
Leider ist es sehr diesig und es ist schwierig, gute Fotos zu machen.
Aber man kann zumindest die Grenzbefestigungen auf südkoreanischer Seite ansatzweise sehen und auch die riesige nordkoreanische Flagge ist noch ganz gut zu erkennen.
Es war toll, hier zu sein, und wie gesagt, das Gefühl war unbeschreiblich. Ich würde sehr gerne direkt nach Nordkorea reisen, aber unter den derzeitigen politischen Umständen und dem damit verbundenen Risiko mache ich das ganz sicher nicht.
Ich bin ja verrückt, aber so verrückt auch wieder nicht. 😉
Die letzte Station der Tour ist dann dieses typische „Hier kannst du etwas Lokales kaufen“ Ding. Ein Markt mit lokalen Produkten und Essen.
Aber es war gar nicht so schlimm, wie man denkt, und durchaus sehenswert. Besonders interessant fand ich das Feld mit den verwelkten Lotusblumen.
Dann ging es zurück zum Korean Peninsula Ecological Peace Tourism Information Center und die Tour war zu Ende.
Zurück nach Seoul
Dann liefen wir zurück zur Bushaltestelle, denn wir mussten den gleichen Weg zurück nehmen, den wir gekommen waren. Aber diesmal wussten wir, welcher Bus unser Bus war, und von hier aus fuhren sowieso nur die Busse zurück nach Paju.
So war es einfacher und wir konnten gleich in den ersten Bus einsteigen, der kurz nach unserer Ankunft an der Bushaltestelle ankam.
In Paju gab es dann aber noch einmal ein kleines Missverständnis. Ich habe mich in der Anzahl der Stationen vertan und wir sind zu weit gefahren. Was bedeutete, dass wir mitten in der Pampa aussteigen mussten und mit einem anderen Bus eine Station zurückfahren durften. Alles kein Problem, aber der Tag war schon sehr anstrengend und die Mama langsam richtig erschöpft.
Aber auch diesen Fauxpas überstanden wir irgendwie und saßen irgendwann in der Metro.
Während der Fahrt tauschten wir uns über das Erlebte aus und so verging die Rückfahrt wie im Flug. Irgendwann musste ich aussteigen und mich leider von meinen beiden kolumbianischen Reisebegleiterinnen verabschieden.
Es war toll und eine willkommene Abwechslung. Isabelle und Mama, falls ihr das lest, es war wirklich schön, euch kennen gelernt zu haben. Vielen Dank!
Vielleicht sehen wir uns in Kolumbien wieder. 😉
CU Ingo.