:: 15.07.2023 bis 19.07.2023 – Hualien & Taroko-Nationalpark, Taiwan ::
Als erstes habe ich mir in Hualien einen Motorroller ausgeliehen. Mit 400 TN$ (~11,50 EUR) ist das im Vergleich zu anderen asiatischen Ländern ziemlich teuer, aber dafür ist der Roller auch gut in Schuss. Außerdem kommt zum ersten Mal mein internationaler Führerschein zum Einsatz, denn in Taiwan scheint man die Bürokratie ähnlich zu lieben wie in Deutschland.
Beim Ausleihen wird also direkt geprüft, ob ich die Erlaubnis habe, den Roller zu fahren, mit einem Haufen Papierkram und Unterschriften.
Da kommen sofort Heimatgefühle auf. 🙂
Meistens ist es in Asien ja so, dass man jemanden über WhatsApp anschreibt, der dann einen Roller vorbeibringt und ohne irgendetwas geprüft zu haben, wieder wegfährt.
Nicht in Taiwan, die lieben ihre Ordnung genauso wie wir unsere. Ha ha!
Oh und die 400 TN$ waren das Günstigste, was ich finden konnte. Andere Anbieter wollten 500 TN$, manchmal sogar 650 TN$. Ganz schön teuer.
Der Taroko-Nationalpark
Den Motorroller brauche ich, denn das Highlight in Hualien ist nicht die Stadt, sondern der Taroko-Nationalpark in der Nähe und die Steilküste etwas weiter nördlich der Stadt.
Man kann zwar fast alles auch mit dem Bus erreichen, da das Nahverkehrsnetz in Taiwan super ausgebaut ist, aber ich mag es einfach, mit dem Roller zu fahren und gerade wenn es in die Berge mit tiefen Schluchten geht, dann ist das ein besonderes Erlebnis, das ich mir nicht entgehen lassen möchte.
Außerdem kann ich dann überall anhalten und tolle Fotos machen. 🙂
Und so nehme ich mir einen ganzen Tag Zeit, um in den Nationalpark zu fahren und mich dort herumzutreiben.
Eigentlich wollte ich dabei auch eine größere Wanderung machen. Doch hier wurde mir meine Vorgehensweise, möglichst wenig zu planen und mich vorher kaum zu informieren, zum Verhängnis.
Denn genau an dem Tag, an dem ich im Taroko-Nationalpark war, war offensichtlich einer dieser Tage (jeden 2. Montag, wenn ich das richtig verstanden habe), an denen bestimmte Dinge im Park gesperrt sind, weil so etwas wie Ruhetag ist. Das betrifft vor allem die Hängebrücken.
Das hat den Plan mit der Wanderung etwas ruiniert und es ist halb so interessant, wenn man nur die Hälfte sieht.
BTW, in Taiwan gibt es sehr viel Personal, das auf die Leute aufpasst oder ihnen hilft, sei es am Bahnhof, in den Nationalparks oder sonst wo. Das kann man gut finden oder auch nicht, denn manchmal kommt man sich schon etwas bevormundet vor, wenn ständig jemand guckt, ob man (fiktives Beispiel) auch wirklich an der gelben Linie stehen bleibt oder einfach drüber läuft.
Wer also im Taroko-Nationalpark wandern will, sollte schauen, wann diese Ruhetage sind und sie möglichst meiden.
Aus diesem Grund verwerfe ich den Plan der großen Wanderung und fahre „nur“ mit dem Roller den Pass hinauf, so weit es die Zeit und das Wetter zulassen. Denn während ich die Straße immer weiter hinauffahre, ziehen zunehmend dunkle Wolken auf. Im Gebirge kann das schnell gehen mit dem Wetterumschwung.
Trotzdem nehme ich mir die Zeit, an vielen Stellen anzuhalten und bestimmte Punkte abzulaufen und zu besichtigen.
Es ist schon schön hier und vielleicht sollte man nicht nur einen Tag für den Taroko-Nationalpark einplanen, sondern eher 2 oder 3. Von Hualien aus ist man sehr schnell hier. Man kann also ohne Probleme mehrmals hierher kommen.
Ich weiß nicht, ob man es auf den Fotos wirklich sieht, aber die Schlucht ist an manchen Stellen wirklich sehr tief und beeindruckend. Dazu die grünen, mit Dschungel bewachsenen Berge. Eine tolle Kulisse und man kommt oft aus dem Staunen nicht mehr heraus.
Der Taroko-Nationalpark ist auf jeden Fall eine Empfehlung und ein Highlight meiner bisherigen Weltreise. Ehrlich gesagt habe ich so etwas in Taiwan nicht erwartet.
Ha ha, da sieht man mal wieder den Vorteil, wenn man sich nicht zuuu viel im Voraus informiert. 😉
Ich habe es auch nicht bereut, „nur“ mit dem Roller gefahren zu sein und die Wanderung nicht gemacht zu haben. Das Fahren auf der kurvenreichen Strecke hat mir sehr viel Spaß gemacht und ich kann gar nicht genug davon bekommen.
Ich bin übrigens so weit gefahren, bis mich die ersten Regentropfen trafen. Dann habe ich gewendet und bin zurück gefahren, immer mit dem Regen im Rücken und der Sonne vor mir. Das hat super geklappt, auch wenn es mal einen Stau gab, weil die Straße ziemlich schmal ist und hier auch Busse fahren. Wenn dann keiner Platz macht, staut sich alles für eine Weile. Logo.
Die Qingshui-Steilküste
Die Steilküste rund um den Berg Qingshui gehört eigentlich auch zum Taroko-Nationalpark, nur um genau zu sein.
Ich fahre an einem anderen Tag dorthin und mache eine schöne Tour entlang der Küste. Von Hualien aus immer am Meer entlang bis zu dieser Qingshui-Klippe oder besser gesagt Steilküste.
Das ist wirklich eine schöne Tour und ich kann sie nur jedem empfehlen. Ein bisschen mehr Sonne hätte es an dem Tag schon sein können, damit das Meer seine tolle blaue Farbe zeigen kann, aber so war es eher mal so und mal so. Na ja, man kann nicht immer alles haben, oder?
Es war sehr schön und es ist immer ein besonderes Erlebnis, so eine Küstenstraße entlang zu fahren. Es hat mich landschaftlich unglaublich an Kuba erinnert, als wir damals von Guantánamo nach Baracoa gefahren sind. Auch so ein besonderes Fleckchen Erde.
Auf dieser Fahrt komme ich auch direkt am Militärflughafen von Hualien vorbei und sehe die Kampfjets landen.
Etwas Politik
Denn eines stellt man in Hualien (und später noch in vielen anderen Orten Taiwans) schnell fest, von früh morgens ab ca. 7 Uhr fliegt das Militär mit seinen Jets Patrouillen und/oder Kampfübungen. Das geht bis in den Nachmittag hinein.
Von Einheimischen habe ich erfahren, dass das seit den Spannungen mit China so ist und jetzt ständig Patrouillen in der Meerenge zwischen Taiwan und China durchgeführt werden. Außerdem wird wirklich für den Ernstfall geübt.
Bei dem Gespräch habe ich auch deutlich gemerkt, dass die jetzige Regierung nicht so gut ankommt (zumindest bei der jüngeren Generation) und bei den nächsten Wahlen wohl keine Mehrheit mehr bekommen wird.
Die Menschen finden den derzeitigen Kurs zu aggressiv und würden lieber in Frieden mit China auskommen (aber ohne Wiedervereinigung, mehrheitlich lehnen sie den Kommunismus ab). Viele halten den Besuch von Nancy Pelosi vor einigen Monaten für einen großen Fehler und lasten dies der aktuellen Premierministerin an.
Es ist immer interessant, so etwas aus erster Hand zu hören. Normalerweise diskutiert man Politik nicht mit Ausländern, aber die jungen Leute sind da schon etwas offener und glücklicherweise sind im Lazy House, wo ich für die Tage in Hualien meine Unterkunft habe, überwiegend solche jungen Leute.
Im Lazy House herrscht eine tolle Atmosphäre und es ist eine schöne Unterkunft.
Der Dongdamen Nachtmarkt
Ich merke gerade, ich habe gar keine richtigen Fotos von Hualien, nur ein paar vom Handy.
Die Stadt selbst scheint nicht wirklich etwas Besonderes zu sein, ist aber trotzdem interessant zu erkunden, da Taiwan für mich noch so neu ist.
Ein Highlight ist aber definitiv der Dongdamen Night Market. Ein riesiger Nachtmarkt, der die ganze Woche geöffnet hat.
Hier gibt es alles, vom Vergnügen an den unzähligen Ständen mit Gewinnspielen und Souvenirläden bis hin zu den verschiedensten kulinarischen Genüssen.
Mein absoluter Favorit sind dann die Stinky Tofu Fries geworden.
Stinky Tofu gibt es an vielen Ständen und auch wenn man ihn nicht sieht, man riecht ihn auf jeden Fall. Der Geruch ist zwar anders, aber mindestens genauso penetrant wie bei einer Stinkfrucht. Wirklich nicht angenehm, trust me.
Aber als Pommes schön frittiert und mit einer leckeren Honig-Senf-Soße schmeckt es einfach köstlich!
Also unbedingt mal Stinky Tofu probieren, auch wenn es Überwindung kostet. 😉
Egal was man zum Essen sucht, hier wird man garantiert fündig.
Am Wochenende war es allerdings auf dem Dongdamen Nachtmarkt sehr voll und man kam kaum voran. Außerdem gab es an den beliebten Ständen dann eine unübersehbare Warteschlange. Unter der Woche hatte zwar der eine oder andere Stand geschlossen, aber dafür war es deutlich entspannter zum Bummeln und Erkunden.
Aber egal wann, es ist auf jeden Fall ein Erlebnis und ein Muss, wenn man in Hualien ist.
Hualien Gǎngtiān Tempel
Ein Highlight entdecke ich dann doch noch etwas abseits vom Zentrum, den Hualien Gǎngtiān Tempel.
Der Tempel ist wirklich groß und sehr detailliert ausgestaltet. An einigen Ecken wird noch gearbeitet oder renoviert, aber der Großteil ist zugänglich und kostet auch keinen Eintritt oder so.
Es scheint auch, dass man hier übernachten kann inkl. Frühstück mit den Mönchen. Das wäre ja auch mal noch ein Erlebnis in so einem Tempel oder Kloster? Mhhh muss ich mir mal überlegen, hört sich auf jeden Fall spannend an.
Für diesen Besuch kommt die Idee aber etwas zu kurzfristig, deswegen packe ich den Gedanken in meine „für später“ Schublade.
Wer etwas Zeit hat, sollte hier ruhig mal vorbeischauen.
Verpasste Chance
Auf dem Programm stand eigentlich auch eine Fahrt zu einer der (scheinbar zahlreichen) Bademöglichkeiten im nahegelegenen Fluss oder in aufgestauten Flussbecken. Das ist natürlich eine willkommene Abwechslung bei Temperaturen, die jeden Tag deutlich über 30 Grad liegen.
Aber wer kennt das nicht? Es gibt Tage, da kommt man erst gar nicht aus dem Knick, steht sehr spät auf und vertrödelt die Zeit mit Doomscrolling auf Instagram oder Twitter. Dann quatscht man noch mit anderen Leuten und plötzlich ist es Nachmittag.
Ich musste mich dann entscheiden, ob ich mir extra einen Roller nur für einen halben Tag ausleihen sollte, denn den, den ich bisher hatte, habe ich gestern zurückgeben müssen.
Aber nochmal volle 400 TN$ nur fürs Hin- und Herfahren? Ein Fahrrad ist sicher billiger, aber bei 35 Grad Fahrrad fahren? Nee danke!
Und so kommt es, wie es kommen muss, ich entscheide mich für nichts und mache diese Tour nicht. Lieber gehe ich für ein paar Stunden in ein gut gekühltes Café und lese weiter im Internet.
Aber hey, so ist das manchmal. Nobody is perfect. Immerhin 400 TN$ gespart. 😀
Es geht weiter
Meine Zeit in Hualien und der Umgebung im Taroko-Nationalpark hat mir sehr gut gefallen. Es war auf jeden Fall bereits ein Highlight hier in Taiwan und sicherlich auch für die Weltreise an sich. Die Natur hat mich im positiven Sinne sehr überrascht.
Hualien selbst ist weniger spektakulär, bietet aber alles, was man braucht und wirkt auf mich sehr authentisch. Und mit dem Dongdamen Nachtmarkt und dem Gǎngtiān Tempel gibt es doch das eine oder andere Schmankerl.
Morgen geht es für mich weiter in den Süden nach Taitung. Eine Stadt, die eher weniger von Touristen besucht wird, wie ich beim Nachlesen verstanden habe. Die meisten fahren gleich direkt in den südlichsten Zipfel Taiwans, nach Kenting.
Da will ich auch hin, aber ich nehme vorher Taitung mit. Ich erhoffe mir eine sehr authentische Stadt und ein lokales Erlebnis.
Ich bin sehr gespannt, wie es wird.
CU Ingo.