:: 29.03.2024 bis 01.04.2024 – Villa de Leyva, Kolumbien ::
Ich bin in Villa de Leyva, einem Ort, den viele für die schönste Stadt Kolumbiens halten. Gemessen an den Touristenzahlen mag das vielleicht auch so sein, denn so viele Menschen auf einem Haufen habe ich schon lange nicht mehr gesehen. Und das will was heißen, nachdem ich ja bereits in der Altstadt von Cartagena unterwegs war.
Aber fairerweise muss man auch sagen, es ist Ostern und das ist, wie sich herausstellen wird, ein Glücksfall. Denn so erlebe ich einen Tag (plus den Abend bei der Ankunft) absoluten Trubel inklusive Karfreitagsprozession und allem Drum und Dran, aber die restlichen drei Tage ist der Ort wie leergefegt, denn anscheinend ist Ostern in Kolumbien etwas, das man eher zu Hause verbringt.
Das einzige Problem an der Geschichte ist, dass auch einige Geschäfte und Restaurants geschlossen sind, aber damit kann ich umgehen.
Tag 1 in Villa de Leyva
Heute ist Karfreitag und zum Glück folge ich einmal nicht meiner üblichen Routine. Normalerweise verbringe ich den ersten Tag in einer neuen Stadt vor meinem Laptop, um Pläne zu schmieden und die weitere Reise zu organisieren.
Wenn ich das heute hier in Villa de Leyva gemacht hätte, hätte ich die Karfreitagsprozession verpasst. Wobei ich gar nicht weiß, ob das ein Begriff ist, den es so gibt. Aber ihr wisst, was ich meine, die Prozession, wo sie mit dem Kreuz durch die Straßen gehen und irgendwann in der Kirche ankommen und die Prozession dort endet.
Hier in Villa de Leyva (aber wahrscheinlich nicht nur hier) nennen sie diese besondere Zeit Semana Santa und dann die Prozession Procesión de los Pasos. Sie stellen wie üblich den Leidensweg Jesu Christi nach.
Da ich mit Religion nicht viel am Hut habe, kenne ich mich da auch nicht so aus, finde es aber immer wieder faszinierend, sich so etwas anzuschauen.
Das war also schon ein erstes Highlight gleich am ersten Tag. 🙂
Dann gibt es erst einmal ein kleines Frühstück in einem der vielen hübschen kleinen Cafés, in diesem Fall im Café Los Gallos.
Rührei mit Pilzen, Arepas mit Tomaten und natürlich Kaffee. Alles zusammen für 25.000 COP (~5,95 EUR). Da kann man nicht meckern, aber für solche Preise muss man sich schon etwas außerhalb des Zentrums umsehen.
Frisch gestärkt und nach einer ausgiebigen Pause geht es weiter auf Erkundungstour.
Die Stimmung in der Stadt und vor allem rund um den zentralen Platz ist ausgelassen und fröhlich. Es sind wirklich viele Menschen unterwegs. Sobald man aber etwas abseits durch die schönen Gassen spaziert, wird es merklich leerer.
Es ist faszinierend, dass die ganze Innenstadt dieses alte Pflaster auf den Wegen, Straßen und Plätzen hat.
Ehrlich? Es läuft sich etwas bescheiden darauf. 😀
So verbringe ich den Tag, einfach nur spazieren gehen, im Café chillen und Leute beobachten. Love it!
Bei meinen Erkundungstouren bin ich auf ein japanisches Restaurant (Yoko) gestoßen, und da konnte ich am Abend einfach nicht widerstehen.
Veggie Pho mit Tofu. Ziemlich gut, aber ich glaube, ich habe es in Asien schon besser gegessen. Egal, war trotzdem lecker.
Zurück im Hostel mache ich noch einen kurzen Smalltalk an der Rezeption. Die Betreiberfamilie ist wirklich sehr nett und zumindest die Tochter spricht sehr gut Englisch. Die Mutter versucht aber mitzuhalten, was manchmal in lustigem Kauderwelsch endet.
Mein Dorm ist heute voll, aber da die Betten so gebaut sind, dass man eine Art Kapsel hat und den Vorhang zuziehen kann, ist das überhaupt kein Problem.
Tag 2 in Villa de Leyva
Am zweiten Tag erwarte ich wieder viel Betrieb auf den Straßen und bin überrascht, wie ruhig es ist. Kaum Einheimische, kaum Touristen sind unterwegs. Ein krasser Gegensatz zu gestern.
Und es gibt so viele Geschäfte und Restaurants, die geschlossen haben, dass die wenigen, die noch geöffnet haben, sehr voll sind.
Heute starte ich mit einem klassischen kolumbianischen Frühstück (Reis, Bohnen, Arepas & Ei) in meinem Sandwichladen (Jacobo’s Sandwiches) in der Nähe des Hostels.
Das Stadtzentrum von Villa de Leyva ist sehr einfach aufgebaut. Vom zentralen Platz gehen auf jeder Seite 2 Straßen im rechten Winkel ab, im Prinzip wie eine Raute. Insgesamt also 8 Straßen.
Heute entscheide ich mich für zwei der Himmelsrichtungen und laufe einfach geradeaus, bis es nicht mehr weitergeht oder es nichts Interessantes mehr zu entdecken gibt. Morgen kann ich ja dann die anderen beiden Himmelsrichtungen erkunden.
Villa de Leyva ist wirklich ein idyllischer Ort und jetzt, wo die Menschenmassen weg sind, ist es abseits des Zentrums absolut ruhig.
Ich kann diese Ruhe wirklich so richtig genießen. 🙂
Bei meinen Erkundungen fällt mir auf, dass es in Villa de Leyva keine Supermarktketten oder Läden mit speziellem Herstellerbranding (Nike, Levis etc.) gibt, nicht einmal so etwas wie McDonalds oder Starbucks. Nicht einmal die nationale Kaffeehauskette Juan Valdez gibt es hier.
Das ist wahrscheinlich gewollt, um den Charme der Stadt zu erhalten. Das finde ich gut, auch wenn ich an anderen Orten mit ähnlichem Motto (z.B. Kyōto oder Antigua Guatemala) gesehen habe, dass man auch globale Ketten dazu bringen kann, ihr Branding den lokalen Gegebenheiten anzupassen, z.B. durch farbliche Anpassung der Markenlogos.
Egal, hier in Villa de Leyva gibt es das nicht und irgendwie ist das auch wieder cool.
Ich laufe viel, nehme mir aber auch wieder die Zeit, irgendwo einen Kaffee zu trinken und zu entspannen. Ich merke, wie ich mich nach dem gestrigen Trubel langsam an die Ruhe im Ort gewöhne.
Zum Abendessen gibt es einen Antipasti-Salat und einen Mango-Smoothie. Das La Maria Bistro wurde mir vom Hostel empfohlen. Und ja, es ist gut, aber auch nicht gerade die günstigste Location.
Zurück im Hostel stelle ich fest, dass ich mein Zimmer heute für mich alleine habe. Und was ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, es wird die nächsten zwei Tage so bleiben. Geil!
Tag 3 in Villa de Leyva
Am dritten Tag lasse ich es etwas ruhiger angehen. Ich schlafe lange und das Frühstück fällt komplett aus. Dann geht es für eine Runde durch die Innenstadt.
Dabei entdecke ich in einem kleinen Café (Pastelerias La Crema & Nata) etwas, das ich so noch nie gesehen, geschweige denn gegessen habe. Kennt jemand La Crema & Nata?
Boah ist das lecker und sch*** süß! 😀
Aber mit Kaffee ist es wirklich eine gute Kombination. Erinnert mich geschmacklich ein bisschen an einen Kuchen, den es in Polen gibt. Ich glaube, der heißt Karpatka, nur schmeckt das hier logischerweise mehr nach Karamell.
Ich will gar nicht wissen, wie viele Kalorien das Ding hat, aber lecker ist es. Wenn man die Gelegenheit hat, sollte man es unbedingt probieren.
Das scheint auch eine lokale Spezialität zu sein, denn im Internet finde ich kaum Informationen dazu. Oder kennt das jemand unter einem anderen Namen?
Danach gehe ich erst einmal zurück ins Hostel und verbringe den Nachmittag vor meinem Laptop. Ich muss Bustickets besorgen und schauen, was ich in Bogotá machen kann, wenn ich in zwei Tagen dorthin fahre.
Doch bevor es dunkel wird, drehe ich noch eine weitere Runde durch die Innenstadt.
Ich dachte eigentlich, dass am Ostersonntag wieder mehr los ist und irgendwie die Auferstehung Jesu gefeiert wird, aber davon habe ich nichts mitbekommen. Entweder war das alles schon am Morgen oder am frühen Vormittag passiert oder hier in Villa de Leyva ist das kein großes Thema.
Abends gehe ich wieder in meine Sandwichbar und probiere heute das Thunfisch-Sandwich.
Das ist auch sehr lecker. Also, Sandwiches können sie. Sehr gut.
Zurück im Hostel kann ich auf meinem Zimmer ausnahmsweise mal ohne Kopfhörer YouTube schauen. Das 6er Dorm habe ich immer noch für mich alleine und komischerweise ist auch niemand von der Betreiberfamilie da.
Ich bin allein im Hostel. Soll ich eine Party schmeißen? 😀
Tag 4 in Villa de Leyva
Der letzte Tag beginnt wieder ganz gemütlich nach dem Ausschlafen und dann geht es nach einem Rundgang um den zentralen Platz zum Frühstück in das kleine nette Café vom ersten Tag.
Danach erkunde ich den Rest von Villa de Leyva vom Zentrum aus in die beiden verbleibenden Himmelsrichtungen.
Sogar etwas außerhalb des Zentrums sind die Gebäude dem allgemeinen städtischen Baustil angepasst. Gefällt mir und ist recht konsequent umgesetzt.
Nach einer etwas längeren Erkundung geht es zurück zum zentralen Platz, um noch einmal in Ruhe die Atmosphäre des Ortes auf mich wirken zu lassen. Heute ist ja leider schon mein letzter Tag in Villa de Leyva.
Hier chill ich eine Weile und beobachte einfach die Menschen. Davon bekomme ich wohl nie genug.
Übrigens habe ich auf dem Rückweg versucht, noch einmal das leckere La Crema & Nata von gestern zu essen, aber leider war das Café geschlossen. Diese Spezialität gibt es zwar auch an anderen Orten in Villa de Leyva, aber erstens ist sie überall um einiges teurer als dort und zweitens sah dieses kleine Café so urig aus, dass man wusste, die backen ihren Kuchen noch selbst.
Nun, ich kann es morgen früh noch einmal versuchen, bevor ich den Bus zurück nach Bogotá nehme.
Abends habe ich aber wieder Lust auf asiatisch und gehe noch einmal in das bereits für gut befundene Restaurant Yoko.
Durch ein Missverständnis gibt es heute zwar Fleisch, aber es war trotzdem lecker und erinnerte schon sehr an das, was ich teilweise in Japan so alles gegessen habe.
Und sonst so?
Es ist schon dunkel, als ich nach dem Essen und einer letzten großen Runde im Hostel ankomme. Ich bin immer noch allein, aber zumindest sieht man, dass jemand zwischendurch hier gewesen sein muss, denn es wurde aufgeräumt und das Bad geputzt.
Nun sind meine 4 Tage in Villa de Leyva schon wieder vorbei. Es ist manchmal wirklich erstaunlich, wie schnell die Zeit vergeht, auch wenn man nichts Großes oder Aufregendes unternimmt.
Nach dem ersten Tag und dem ganzen Trubel habe ich die ruhige Zeit hier sehr genossen. Die Altstadt und alles drum herum ist wirklich schön und die Lage des Ortes zwischen den Bergen ist traumhaft.
Ist es nun die schönste Stadt Kolumbiens, wie das Internet so oft behauptet? Mhhh ich weiß es nicht und wahrscheinlich fehlen mir auch noch viele Vergleichsmöglichkeiten. Bisher war ich ja nur in Cartagena, Medellín, Villavieja & der Tatacoa-Wüste und jetzt halt hier in Villa de Leyva.
Dieser Ort ist definitiv schön und kann gut sein, dass dies der Must Go Place für jede Reise nach Kolumbien ist. Ich bin auf jeden Fall froh, hier gewesen zu sein und möchte diese Erfahrung nicht missen. Also eine klare Empfehlung von mir.
Ich möchte nur nicht wissen, wie es sich anfühlt, wenn sich hier 4 Tage lang die Touristenmassen durch die Gassen schieben. So gesehen hatte ich wirklich Glück, meinen Aufenthalt in Villa de Leyva auf Ostern gelegt zu haben.
Morgen geht es zurück nach Bogotá, meiner letzten Station in Kolumbien. Von dort fliege ich dann später weiter nach La Paz in Bolivien.
Aber jetzt träume ich erst einmal von La Crema & Nata und hoffe, dass das kleine Café morgen früh geöffnet hat. Ha ha!
CU Ingo.