:: 16.07.2022 bis 17.07.2022 – Podgorica, Montenegro ::
Podgorica, die Hauptstadt Montenegros. Jeden den ich frage, was man hier so machen kann, sagt mir, hier sei nicht viel los. 1 Tag rumlaufen und du hast das Interessante gesehen.
Kein Problem. Passt für mich. Es muss nicht immer ein Highlight das Nächste jagen.
Deswegen hatte ich vorab nur 3 Nächte, also 2 Tage gebucht. Da wusste ich aber noch nicht, dass ich nach meiner strapaziösen Wanderung im Durmitor-Nationalpark so fertig sein würde, dass ich diese 2 Tage allein zur Regeneration benötige.
Mal schauen, was ich draus mache.
Zum Hostel hatte ich ja gestern schon gesagt, dass es super gemütlich und der Betreiber Miro sehr hilfreich und überaus freundlich ist. Genau das Richtige in meiner Situation.
Ich schlafe aus und chille am Vormittag.
Frühstück habe ich für heute die Reste vom Müsli und auch morgen wird das noch reichen. Ich hatte mir gestern im Supermarkt einen Tetra-Pack puren Joghurt geholt. Hatte ich mal Lust draus. Also gibt es Müsli mit Joghurt.
Als Randnotiz, es gibt in Montenegro eine durchaus passable Auswahl an Pflanzenmilch. Aus Reis und Kokos etwas seltener, wären aber meine Favoriten. Dann natürlich die Klassiker Soja- und Mandelmilch. Was es leider überhaupt nicht gibt ist Hafermilch. Schade, denn das wäre mein Favorit mit weiten Abstand. Oatly hat es scheinbar noch nicht bis in den Balkan geschafft. Und was ich auch anmerken muss, die Dinger sind alle recht teuer. Unter 3 EUR geht es selten, eher Richtung 4 EUR. Autsch!
Den Rest des Tages nutze ich zum Schreiben am Laptop und es ist mal Wäsche durchwaschen fällig. Eine Waschmaschine 3 EUR. Trenn ich jetzt wie zu Hause die Wäsche und mach 2 Ladungen oder nur eine? Mhhh … 3 EUR!?
Es wird natürlich nur eine Ladung. Spar-High-Five lässt grüßen.
Also alles rein in eine Maschine und einmal ordentlich waschen bitte. Später lohnt sich das Aufhängen der Wäsche kaum. Bei den 38 Grad ist das erste Teil schon trocken, wenn ich das letzte Teil gerade aufhänge.
Egal. Wäsche wäre damit auch erledigt.
Den Rest des Tages passiert nichts Aufregendes mehr, was gut so ist, aber ich lerne noch einen Tschechen namens Petr kennen, der mit einer Art Roller-Fahrrad unterwegs ist. Ein sehr komisches Gefährt.
Er meint, in Tschechien wäre das Gefährt jetzt nicht sooo ungewöhnlich. Er ist von seiner Heimatstadt mit dem Ding über einige der Balkanländer bis hierher gefahren. Verrückt, oder?
Lustig sich anzuhören, wenn er davon erzählt, wie er ständig auf dieses Gefährt angesprochen wird und wie alle Fotos mit ihm machen wollen.
Das war auf jeden Fall interessant. Man trifft auf Reisen schon echt verrückte Typen.
Am Abend gehe ich in ein Restaurant, was mir von Miro empfohlen wurde. Der Name: „The Republic Of Good Food“. Na wenn das mal kein Statement ist. Das muss ich ausprobieren.
Und ja, es war sehr lecker, viele vegane & vegetarische Optionen und dazu noch recht günstig. Win-Win-Win!
Nach der abendlichen Dusche lege ich mich ins Bett und schaue mit Kopfhörern etwas YouTube. Eine andere Reisende, ein sehr junges Mädchen aus Deutschland, kommt rein, setzt sich auf ihr Bett und fängt an zu telefonieren. Wahrscheinlich mit einer ihrer Freundinnen.
Es lässt sich nicht vermeiden, aber die nächsten (ungelogen) 2 Stunden werde ich (zwangsläufig) Zeuge, wie eine Art Therapiesitzung zwischen den Beiden abläuft und sie sich gegenseitig darin bekräftigen, das Richtige zu tun. Es geht dabei um Beziehungen und die Kernfrage, ob es okay ist sich sexuell auszuprobieren oder man jetzt schon bereit für eine feste Beziehung ist.
So sehr ich mich auch auf mein YouTube konzentriere, ich bekomme alles mit was sie sagt. Sie spricht auch nicht sehr leise. Vielleicht denkt sie, ich höre oder verstehe sie nicht? Mhhh … irgendwann gegen 24 Uhr packe ich den Laptop weg und versuche zu schlafen. Aber ich kann nicht und höre weiter (Ja, was soll ich denn tun?) den Beiden zu.
Es ist skurril. Es gibt ein paar Mal die Situation, wo ich einfach nur laut „Jaaa, mach das!“ oder „Neeeiiin, mach das nicht!“ ins dunkle Zimmer rufen möchte. Ich fänd’s lustig. Keine Ahnung, ob sie auch.
Ich reiß mich aber zusammen und denke mir nur, dass diese jungen Menschen noch so schön naiv in vielen Belangen sind. Und das sage ich nicht eindeutig negativ. Viele Fehler, die sie in ihrem Leben noch machen werden, habe ich bereits gemacht. Und es ist wohl der Lauf des Lebens an sich, dass jeder Mensch es selbst erfahren und durchleben muss, um dann zu dem zu werden, der man ist oder der man sein möchte.
Irgendwann gegen 1 Uhr ist dann auch deren Telefonat zu Ende und ich schlafe endlich ein.
An Tag 2 stehe ich erst auf, als das Hostel bereits total leer ist. Alle sind schon unterwegs.
Frühstücken werde ich später in der Stadt, aber jetzt am Vormittag chillen klingt gut, oder? Das Leben kann so schön einfach sein.
Meine beiden großen Zehen hatte ich gestern noch „operiert“. Ich habe jeweils eine große Blase rechts und links. Die kamen wohl durch das ständige Abstoppen beim Runterlaufen im Geröllfeld. Schön doof.
Es wird sicher nicht so angenehm, damit rumzulaufen, aber zum Glück sind meine in Ljubljana neugekauften Skechers Sandalen echt bequem. Das wird schon gehen irgendwie.
Um die Mittagszeit mache ich mich dann aber doch los. Ein wenig von Podgorica sollte ich mir schon ansehen, oder?
Langsam gehen (wegen der Blasen) und Schattenhopping (wieder über 35 Grad) werden die Top Prioritäten ab jetzt.
Ich gehe zuerst zum Restaurant „The Republic Of Good Food“. Denn gestern hatte ich vorsorglich gefragt, bis wann sie Frühstück anbieten. Die Antwort „den ganzen Tag“ hat mich sehr erfreut.
Weniger erfreut mich nun, dass der nette Herr Kellner gestern offensichtlich vergessen hat zu erwähnen, dass Sonntags gar nicht erst geöffnet wird. Argh! Das darf doch nicht wahr sein!?
Ich schlucke meine Enttäuschung hinunter, gehe zum zentralen Platz der Stadt, trinke dort in einem Bistro ein Käffchen und esse dazu einen Schoko-Donut. Während ich am Donut knabbere, träume ich vom „Avocado-Sandwich with poached egg“, welches auf der Karte des „The Republic Of Good Food“ stand. Hach. Schnief.
Ich schau aus dem Bistro. Der Platz erinnert mich an den Marktplatz von Dessau. Menschenleer zum Sonntag. Heimatgefühle kommen auf.
Dann gehe ich zu einem kleinen Friedhof direkt hier im Zentrum. Die Kirche dort ist superklein und schnucklig. Leider wird gerade alles renoviert, was gut ist, aber mir die Möglichkeit nimmt, ein paar schöne Fotos davon zu machen.
Weiter geht es zur Millennium-Bridge. Das Design fällt immer wieder auf. Ich sage immer wieder, weil es solche Art von Brücken mittlerweile doch in recht vielen Städten gibt. Gerade hier in den östlichen Ländern, aber auch z.b. in Spanien in Sevilla. Trotzdem schön anzusehen.
Nach der Millennium-Bridge kommt auch schon am Ende der Straße das eigentliche Highlight in Podgorica. Zumindest würde ich es so einschätzen.
Die Auferstehungskirche, oder auch Kathedrale der Auferstehung Christi genannt, ist erst zwischen 1993 und 2013 erbaut wurden, aber ein echtes Schmuckstück. Selbst wer nichts mit Religionen am Hut hat, sollte sich die mal anschauen.
Ich hatte den Tipp bekommen, dass man rechts und links jeweils die Treppen hoch gehen kann zur Kuppel. Die Türen stehen in der Tat offen und ich gehe nach oben. Von hier hat man noch mal einen ganz anderen Blick auf den Innenraum der Kirche. Toll!
Leider kann man nicht nach draußen schauen. Alle Fenster sind zu und aus einer Art Milchglas. Fotos von oben auf die Stadt sind so leider nicht möglich. Schade.
Ich beobachte die Menschen im Innenraum ein wenig von oben und geniesse die Ruhe und Kühle.
Ein paar Minuten später kommt ein Mann angelaufen, der sich bis jetzt eine ganze zeitlang mit einem anderen jungen Mann in der Nähe des Altars unterhalten hatte. Er ruft zu mir rauf, dass ich runterkommen soll.
Da ich eh gerade aufbrechen wollte, mache ich es einfach und gehe die Treppen runter in den Hauptraum.
Unten angekommen sehe ich den Mann nicht mehr. Ich kann also auch nicht fragen, warum ich runterkommen sollte. Naja egal. Bleibt meine Neugier halt unbefriedigt.
Diese Kirche war auf jeden Fall einen Besuch wert!
Ich gehe zurück Richtung Innenstadt. Auf dem Weg liegt das einzige mir in der Happy Cow App angezeigte vegane Restaurant ganz Podgoricas. Der Name: „Paradise Food“. Hoffentlich wird es paradiesisch, denke ich mir nur.
Das werde ich also ausprobieren und bete (ich komme ja immerhin gerade aus einer Kirche, also geht das ausnahmsweise mal klar), dass es Sonntags geöffnet hat.
Es hat Sonntags geöffnet, halleluja! Eine gedankliche Fist Bump an den Herrn da oben. Läuft!
Die Auswahl ist riesig und ich bin hungrig. Außerdem muss ich das verpasste „Avocado-Sandwich with poached egg“ noch kompensieren. Ich bestelle mir 3 unterschiedliche Sachen und eine Limo.
Alles Vegan, alles Bio und hoffentlich auch möglichst gesund. Und es ist extrem lecker!
Es ist auch noch sehr günstig. Ich bezahle gerade einmal 10 EUR für alles. Wow! Absolut empfehlenswert.
Was etwas seltsam ist, es läuft auf dem TV die gesamte Zeit YouTube mit kirchlicher Musik. Ein Mix aus diesen typischen kirchlichen Chorgesängen, aber auch so etwas wie christliche Popmusik. Sehr sehr strange und auf Dauer zumindest für meine Ohren richtiggehend nervig. Aber ich überlebe es.
Ich hoffe nur, dass das hier kein Laden ist, der irgendwie eine komische Sekte querfinanziert? Vielleicht ein seltsamer Gedanke, ich weiß, aber der kommt mir in dem Moment wirklich.
Gut. Ich bin nun so vollgestopft, denn ich habe mir nach den 3 Teilen Hauptgericht auch noch ein Stück Kirschkuchen und eine Art Käffchen (aus Getreide) gegönnt, dass ich kaum laufen kann.
Was dagegen erstaunlich wenig Probleme beim Laufen macht, sind meine beiden großen Blasen unter den großen Zehen. Sehr gut!
Ich beschliesse zum Hostel zurückzugehen und nehme einen Weg, der mich an z.b. der ältesten noch erhaltenen Brücke Podgoricas vorbeiführt. Das Wasser im Fluss ist bereits Ende Juni versiegt.
Miro erzählte mir später, dass ist normalerweise erst immer Ende Juli oder Anfang August der Fall. Dieses Jahr ist extrem heiß und trocken.
Die Brücke ist trotzdem schön anzuschauen.
In der Zwischenzeit ziehen Gewitterwolken auf und es blitzt in der Ferne. Es wird aber erst in der Nacht ein wenig Regnen. Das große Gewitter zieht an der Stadt vorbei.
Abends packe ich meine Sachen abreisetauglich zusammen, unterhalte mich noch etwas mit Miro und Petr, und bekomme dann von einem Armenier, der in den Niederlanden lebt und sich immer erst als Niederländer zu erkennen gibt, noch ein paar Tipps für Armenien. Für den Fall, dass es mich mal dahin verschlagen sollte. Kann ja nicht schaden.
Morgen geht es 9 Uhr los mit dem Bus nach Tirana. Mit Albanien steht dann das nächste komplett neue Land für mich zum Entdecken bereit. Das wird toll!
Montenegro war auch komplett neu für mich und ich bin positiv überrascht. Es hat mir sehr gut gefallen hier und ich werde mit Sicherheit nochmal zurückkehren. Es ist ein noch recht günstig zu bereisendes Land, was auch noch nicht so überlaufen ist.
Die Natur ist der Hammer. Egal ob jetzt die Küste am Mittelmeer oder die Berge im Durmitor-Nationalpark. Beides ist absolut sehenswert. Und das Gute, das Land ist jetzt nicht riesig. Man kann in kurzer Zeit überall hingelangen.
Mit solcher Art Gedanken schlafe ich zufrieden ein.
CU Ingo.