:: 25.03.2024 & 26.03.2024 – Villavieja & Tatacoa, Kolumbien ::
Ich bin in Villavieja, irgendwo in der kolumbianischen Pampa. Ganz in der Nähe liegt die Tatacoa-Wüste, die eigentlich gar keine Wüste ist, wie ich vor Ort erfahre. Vielmehr handelt es sich um eine tropische Trockenwaldzone. Aber weil die Landschaft mit den roten und beige-grauen Felsen wie eine Wüste aussieht, nennen sie alle nur „Die Wüste“.
Das Gebiet ist etwa 330 Quadratkilometer groß und wird unter anderem für Forschungszwecke genutzt, z.B. gibt es dort ein Observatorium. Die Lichtverschmutzung in dem Gebiet ist sehr gering, daher scheint es ein sehr guter Ort dafür zu sein.
Aufmerksam wurde ich auf den Ort durch einige Bilder im Internet, die sehr interessant aussahen. Und jetzt bin ich hier, um mir das selbst anzuschauen.
Müßiggang bei 35 Grad
Als ich am nächsten Tag aufwache, bin ich total fertig. Kennt ihr das auch? Man schläft und ist trotzdem morgens total kaputt? Passiert mir eher selten, aber heute war es mal wieder so weit. Die über 25 Grad auch in der Nacht haben sicher ihren Teil dazu beigetragen.
Deshalb dauert es ewig, bis ich dann wirklich aufstehe. Da es im Hostel kein Frühstück gibt, gibt es auch keinen Druck, zu einer bestimmten Zeit aufzustehen.
Die Erkundung der Tatacoa-Wüste verschiebe ich auf morgen und beschließe, heute gar nichts zu tun. Nur entspannen und etwas Leckeres essen oder trinken. Morgen ist auch noch ein Tag.
Auf dem Weg nach draußen treffe ich eine Frau. Sie scheint sich hier ein Fahrrad ausleihen zu wollen und wir kommen ins Gespräch. Sie kommt aus Bogotá und will einen kleinen Ausflug in die Tatacoa-Wüste machen. Also im Prinzip das, was ich morgen auch vorhabe.
Wir plaudern ein wenig und gehen danach wieder unserer Wege. Eine typische Begegnung, wie ich sie auf meiner Reise so oft habe.
Es ist immer wieder faszinierend, dass es auch in der Pampa, also buchstäblich in der Wüste, leckere Sachen zu essen und zu trinken gibt, oder?
Soweit ich das bei meinem kurzen Besuch hier in Villavieja überblicken kann, gibt es nur dieses eine Café, das die Bezeichnung verdient, aber das ist dann auch gleich richtig gut. Außerdem ist es wirklich günstig. Für 1x Waffeln mit Banane, 1x Iced Americano, 1x Eiskaffee, 2x Wasser und 1x Smoothie bezahle ich nur 37.000 COP (~8,80 EUR). Wow!
Also wer in Villavieja ist, der schaut gerne mal im Brasas del Desierto vorbei. Die Betreiberfamilie ist oben drein ausgesprochen nett und freundlich.
So verbringe ich dort längere Zeit mit meinem Laptop, arbeite aber nicht im eigentlichen Sinne, sondern recherchiere ganz entspannt ein paar Dinge über Bolivien und Peru, meine 2 nächsten Ziele nach Kolumbien.
Am Nachmittag wird es wirklich extrem heiß und ich gehe zurück ins Hostel. Dort lege ich mich in die Hängematte und höre Podcasts, wobei ich ein wenig eindöse. Erst spät am Abend raffe ich mich auf und gehe noch einmal auf die Suche nach etwas Essbarem. Ich gehe in dasselbe Restaurant wie gestern, weil es lecker und preiswert war. Aufgrund eines Missverständnisses gibt es diesmal Hühnchen.
Auch das war, obwohl ich eigentlich etwas anderes essen wollte, sehr gut und lecker.
So schaffe ich es, mit viel Müßiggang und Nichtstun den Tag über die Runden zu bringen. 🙂
Ab in die Wüste
Da ich insgesamt nur 2 Tage in Villavieja bin, gibt es am nächsten Tag keine Ausreden. Aber auch kein Stress, denn warum stressig, wenn es auch chillig geht?
Den Rundweg, den ich mit dem Fahrrad in der Tatacoa-Wüste zurücklegen möchte, habe ich mir vorher auf Komoot angeschaut und gesehen, dass es etwas mehr als 2 Stunden sind. Klar, bei über 30 Grad und wenn man sich in Ruhe etwas umschauen will, dauert es doppelt so lange, aber das ist trotzdem kein Grund, so früh am Tag schon in Hektik zu verfallen.
Also stehe ich ganz entspannt gegen 10:00 Uhr auf und gehe zum Frühstück ins Brasas del Desierto. Ja, es gibt wieder die leckeren Waffeln von gestern. Dazu einen Iced Americano (heißen Kaffee braucht man hier nicht, es sind schon wieder locker 34 Grad oder so) und einen Mango-Smoothie. Köstlich!
Gestärkt und mit einem guten Gefühl gehe ich zurück ins Hostel, um mich auf die Wüstenerkundung vorzubereiten.
Praktisch, wenn das Hostel auch gleich die Fahrräder vermietet. 😉
Für das Fahrrad (modernes Mountainbike und in sehr gutem Zustand) bezahle ich übrigens 30.000 COP (~7,15 EUR) und kann es dafür 6 Stunden benutzen. Ich habe mir auch überlegt, dass ich erst um 12 Uhr losfahre, weil ich dann nur einen halben Tag bezahlen muss und das reicht mir ja völlig.
Irgendwann nach 12:00 Uhr verlasse ich Villavieja in Richtung Tatacoa-Wüste.
Die Tatacoa-Wüste
Aus der Stadt heraus muss ich mich zunächst ein Stück den Berg hinaufkämpfen, wo ich sofort merke, dass ich nicht 100% fit bin. Wahrscheinlich die Nachwirkungen meiner Magenverstimmung von vor ein paar Tagen und die Tatsache, dass ich in den letzten 2 Jahren nur sehr selten Fahrrad gefahren bin.
So muss ich gleich nach dem ersten Anstieg eine Pause einlegen, weil mir kurz schwindelig wird. Zum Glück habe ich natürlich Wasser dabei und eine Kopfbedeckung gegen die Sonne. Nach ein paar Minuten geht es wieder. Ab jetzt lasse ich es etwas langsamer angehen und bei der nächstbesten Gelegenheit hole ich mir noch zusätzlich eine Coke Classic. Der Zucker tut in der Situation ausnahmsweise mal ganz gut.
Zuerst ist es viel Grasland und eher so, wie ich mir eine Steppe vorstelle. Doch je weiter ich hineinfahre, desto schroffer wird das Gelände und rote und beige-graue Felsen kommen zum Vorschein.
Sieht schon toll aus und ich vermute, dass die Farben noch besser zur Geltung kommen, wenn entweder die Sonne auf- oder untergeht. Zur blauen und zur goldenen Stunde sozusagen.
Das wäre dann auch der große Vorteil, die teuren Unterkünfte direkt in der Tatacoa zu buchen. Dann wäre man auch zu diesen Zeiten unmittelbar vor Ort.
Irgendwann verschwinden das Rot und die Felsen und es wird mehr und mehr eine Sandwüste. Keine richtige Sandwüste, aber eine Sandsteppe. Gibt es das Wort überhaupt?
Dazwischen gibt es immer wieder Orte mit einer Handvoll Häusern, von denen die meisten als Campingplätze oder allgemein als Unterkünfte für Touristen eingerichtet sind.
Last but not least gibt es einige abgesperrte Bereiche, wo in einem die schon erwähnte Sternwarte steht und in anderen irgendwelche anderen Forschungen gemacht werden, z.B. für das Klima und dann noch irgendwas für die Raumfahrt, aber ich weiß nicht genau was.
Legal, illegal, ganz egal
An einer Stelle mitten im Nirgendwo versperren ein Zaun und ein Tor den Schotterweg. Laut Komoot soll es hier weitergehen, aber darf ich einfach so durch das Tor?
Anscheinend nicht, denn es ist abgeschlossen.
Ich vergleiche die Karte auf Komoot und Googlemaps und sehe in der Ferne, wo eine größere Straße auf den Weg trifft, den ich eigentlich nehmen wollte. Muss ich jetzt wirklich umkehren, weil ich die vielleicht 600-800 Meter über dieses eine Gelände nicht fahren darf?
Drumherum geht nicht, weil es viel zu weit wäre (zumindest für meine momentane Kondition, 100% fit hätte ich es vielleicht geschafft) und durchs Gelände quer durch die Wüste auch nicht, weil es irgendwann steil wird und nur über relativ große Felsen so 50-100 Meter bergab geht. Da komme ich mit dem Fahrrad nie durch.
Und zurückfahren, das wäre ja wohl total albern, oder? 😉
Ich schaue mir das zur überquerende Gelände eine Weile an und sehe keinen Menschen, den ich fragen könnte, ob ich durchfahren darf. Nur ein paar Ziegen grasen friedlich vor sich hin.
Ich beschließe, am Zaun entlang zu gehen und zu sehen, ob ich irgendwie auf das Gelände komme. Vielleicht bin ich ja nicht der Erste mit diesem Problem.
Und wie ich vermutet habe: Irgendwann ist der Zaun so durchlässig, dass ich sogar mit dem Fahrrad durchkomme.
Ich überlege noch mal mindestens 1 ganze Minute, ob das jetzt wirklich eine gute Idee ist, auf ein abgesperrtes Gelände zu gehen, wo vielleicht (ich weiß nicht) irgendwelche Forschungen gemacht werden?
Okay, no risk no fun! 😀
Ich schiebe das Fahrrad durch den Zaun und klettere hinterher. Weil es ein Mountainbike ist, kann ich aufsteigen und fahren, auch wenn es hier an der Stelle keinen richtigen Weg gibt. So fahre ich langsam in Richtung des eigentlichen Schotterweges und dann weiter in Richtung der Straße, die mich auf meine geplante Runde zurückbringen wird.
Ohne Probleme erreiche ich die Straße. Niemand hat auf mich geschossen oder die Hunde auf mich gehetzt. Es ist schon komisch, welche Gedanken einem durch den Kopf gehen, wenn man etwas tut, was vielleicht nicht ganz legal ist.
Aber das Ganze ist sowieso nur halb so verrückt, wie es sich anhört, denn komischerweise muss ich auf der anderen Seite keinen Zaun oder ein Tor überwinden. Wenn ich also von der anderen Seite gekommen wäre, wäre ich nie auf die Idee gekommen, dass das hier etwas ist, was vielleicht nicht ganz legal ist.
Meine Vermutung ist, dass das Tor eigentlich offen sein sollte, aber aus irgendeinem Grund verschlossen war. Vielleicht hat nur jemand vergessen, es an diesem Tag aufzuschließen? Wer weiß.
Und zurück
Jedenfalls fahre ich von dort aus wieder entspannter weiter und irgendwann führt mich meine Route wieder zurück nach Villavieja.
Insgesamt war ich dann doch nur 3 Stunden unterwegs, aber bei der Hitze hat mir das völlig gereicht. Die große Runde hätte doppelt so lange gedauert. Wahrscheinlich hätte ich sie auch in den 6 Stunden geschafft, aber so ist es für mich völlig ausreichend.
Es war sehr interessant, das zu sehen. Die Landschaft ist schon beeindruckend, auch wenn es in Wirklichkeit nicht so krass aussieht wie auf manchen Bildern im Internet. Wahrscheinlich haben da einige mit dem Farbregler in der Bildbearbeitung nachgeholfen.
Trotzdem bin ich froh, hier gewesen zu sein und die Tour gemacht zu haben.
Und sonst so?
Am Abend gehe ich ein 3. Mal in dasselbe kleine Restaurant am zentralen Marktplatz. Es müsste dieses sein: Restaurante Salsipuedes
Diesmal bekomme ich auch, was ich bestellt habe. Omlette mit Gemüse und Pommes. Aber egal wie, es war immer lecker.
Zum Abschluss des Tages gibt es noch einen Schokoriegel und eine Coke Zero, die ich entspannt in der Hängematte genieße.
Mit der Frau im Hostel habe ich noch vereinbart, dass sie das Collectivo informieren soll, dass ich morgen mit nach Nieva fahren möchte. Ich habe kurz überlegt, den gleichen Weg wie ich gekommen bin zu nehmen, aber man hat mir gesagt, dass die Busse nicht immer anhalten, wenn man einfach so am Straßenrand in Aipe steht.
Sie meinte, die Chancen, so nach Bogotá zu kommen, stünden nur 50:50. Das war mir zu viel Risiko, da einfach nicht wegzukommen und so beschloss ich, erst einmal nach Nieva zu fahren und dort am Busbahnhof ganz normal den nächsten Bus nach Bogotá zu nehmen.
Da das Collectivo auf dem Weg sogar direkt am Hostel vorbeifährt, muss ich morgens nicht einmal irgendwo hinlaufen, sondern kann einfach vor dem Hostel warten.
Mit diesem Plan geht es dann ins Bett. Morgen steht wieder ein Reisetag an, aber diesmal zum Glück nicht über Nacht. Das wird also etwas entspannter, oder?
CU Ingo.